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Als man die Schiffe noch mit Pferden zog ...

Längst ist die Zelt vorbei, als man die Schiffe noch mit: Pferden rheinaufwärts zog. Aber außerhalb der Stadt erinnert der dicht am Strand entlang führende "Lein-" öder "Treidelpfad" heute noch daran. Auf diesem muß, sich den Zug der schwer arbeitenden Gäule vorstellen, die oft, zu zwanzig oder gut dreißig und von ihren Lenkern, den sogenannten "Halfen" oder "Rheinhalfen", peitschenschlagend angetrieben, an langen Säulen die nicht selten mit zweitausend Zentnern beladenen Schiffe in achtzehn Tagen von Köln nach Mainz und weiter "treidelten" oder zogen. In Speyer hörte der Leinpfad auf. Hier traten die "Rheinhalfen** selbst an die Stelle ihrer abgehetzten Pferde und schleppten. meist zu sechzig Mann, die Schiffe Weiter bis .Straßburg, wozu sie fünfzehn Tage benötigten.

Damals verkehrte zwischen. Düsseldorf, Köln und Mainz das gleichfalls von Gäulen gezogene oder, wie man sich ausdrückte, "gepferdete" Düsseldorfer und Bonner Marktschiff. ferner gab es um 1800 noch zwischen Köln und' Mainz die sagenannte "Wasser-Diligence", ein Segelschiff, das sowohl Passagiere wie Güter. beförderte. Der Halteplatz dieses kleinen, einmastigen und mit einem Oberbau versehenen Schiffes befand sich zu Köln am Rheingassentor. Die dazu gehörigen "Halfen" oder "Rheinhalfen" hatten ihre Pferdeställe am Leystapel und zwar dicht bei der Kirche Maria Lyskirchen. War die "Diligence" zur Abfahrt bereit. So schleppte eine besondere Gilde, die. Schiffszieher, die acht oder zehn an einem Tau zogen - man nannte dies ein Hamejou - das Schiff bis zum Werthchen, jener damals noch nicht an ihrem Südende mit den Rheinufer verbundenen und so den heutigen Hafen bildenden, sondern frei und langgestreckt im Strom liegenden Insel. Inzwischen hatten die Rheinhalfen oder "Leinreiter" (wie sie ebenfalls genannt wurden) ihre mageren Gäule in einer Schalde, die vor der Witschgasse lag, auf die Insel gebracht und übernahmen jetzt, nachdem sie die Pferde vor das Schiff gespannt hatten, mit lauten und langgezogenen "Juju-hogo-hohoo" Rufen den weiteren Transport bis nach Rodenkirchen, wo die erste Haltestation war. Hier nahmen die Angehörigen der Reisenden, die am Rheinufer entlang gehend, das Fahrzeug begleitet hatten, nochmals Abschied -, als Wäre es fürs Leben; den jährlichen Reisen nach der Frankfurter Messe", so schreibt ein Zeitgenosse Ernst. Weyden), machten die dahingehenden Kaufleute gewöhnlich ihr Testament". Alle weiten Fahrten zu Wasser und zu Lande wurden eben damals noch als höchst ungewisse Angelegenheiten betrachtet, von denen niemals wußte, wie sie ausgehen würde.

Die Rheinhalfen selbst waren, genauso wie die "Ringroller" ein sehr rauer und primitiver Menschenschlag, beständig durstig und ungemein rauflustig. Infolgedessen geschah oft genug daß sie mit dem Gesetz in Berührung kamen und auf mehr oder minder 1ange Zeit im Gefängnis verschwanden. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts war es ihrer Arbeit wie mit ihrem Stand zu Ende.

Das Aufkommen der in den vierziger Jahren gegründeten Kölnischen Dampfschifffahrtgesellschaft machte ihnen den Garaus. Damals versuchten die weiter stromauf am Mittelrhein wohnenden Halfa gar, die Konkurrenz lahmzulegen, indem sie mit Kanonen schwere Ladungen von rostigen Nägeln zu den verhaßten Dampfbooten hinüberschossen. Doch die Entwicklung war nicht aufzuhalten. Bald mußten Rheinhalfen als Fuhrleute, schürgen oder Lastträge weiterzukommen trat trachten, wenn sie nicht im Elend untergehen wollten.

Goswin Peter Gath ⋅ Westdeutsche Zeitung 1.9.1949 / Fotos: © A. Ackermann

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